Historie
Neujahrsempfang am 12. Januar 2020
Die Geschichte des
Handwerks im Raum Porz
Die Informationen sind zum Teil einem Aufsatz von Stadtarchivar Jürgen Huck entnommen: "Tradition des Handwerks im Raume Porz" von Jürgen Huck
Die ersten Handwerker in Porz
Schon vor etwa 40.000 bis 100.000 Jahren waren in Porz Menschen handwerklich tätig. Dies zumindest soll ein Faustkeil aus der Altsteinzeit belegen, der als das älteste Handwerkszeug gilt, das im Raum Porz gefunden wurde. Von einem speziellen Handwerksberuf, der mit einem Faustkeil ausgeübt wurde, kann natürlich keine Rede sein - dieses Werkzeug, ein beidseitig bearbeiteter Quarzitstein - diente wohl vielmehr allgemein zum Schneiden, Hacken, Schaben und Schlagen.
Ein weiterer Fund lässt auf etwas mehr handwerkliche Spezialisierung ab 500 Jahren vor unserer Zeitrechnung schließen: Man fand im Königsforst drei Eisenschmelzen aus der gleichnamigen "Eisenzeit" - so bezeichnet, da die Menschen zu dieser Zeit begannen, Eisen für Werkzeuge zu verwenden.
Handwerk im Mittelalter
Wie zahlreiche Funde (Waffen, Schmuck) aus der Frankenzeit ab dem 6. Jahrhundert n. Chr. im Kölner Stadtraum belegen, brachte diese Zeit handwerkliche Fortschritte. Einzelheiten über das Porzer Handwerk sind natürlich nicht bekannt. Erst im Mittelalter, um 1160 wird Porz zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Handel und Gewerbe konzentrierten sich im Mittelalter vor allem auf Köln, das auch Hansestadt war; das Porzer Gebiet war eher auf Landwirtschaft ausgerichtet.
Es ist nicht bekannt, welche Gewerke es damals in Porz gab. Man kann aber davon ausgehen, dass Handwerk auch auf dem Land berufsmäßig ausgeübt wurde. Auf den größeren Höfen gab es sicherlich Backhäuser zur Selbstversorgung. Hier wurde ebenso für den Eigenbedarf geschlachtet, so dass heute typische Handwerksberufe wie die des Bäckers oder Metzgers keine großen Chancen hatten. Das Mühlenhandwerk war in Zusammenhang mit der Landwirtschaft wichtig, da die Getreideerzeugnisse verarbeitet werden mussten.
An dem alten Tegeloven
Ziegelsteine für den Hausbau wurden im Porzer Gebiet wahrscheinlich sowohl für den Eigenbedarf als auch für Köln hergestellt. Der Flurname „an dem alten Tegeloven“ deutet 1435 in Zündorf darauf hin, dass hier eine Ziegelbrennerei stand. Hinweise für das Vorhandensein eines Handwerks kann man häufig Ortsbezeichnungen und Straßennamen entnehmen. Familien in den Rheinorten waren als Fischer oder Schiffer tätig. Schneidern war ein verbreitetes Handwerk auf dem Land und die Leinenweberei wurde in Verbindung mit ländlicher Hauswirtschaft ausgeübt. Als Bauhandwerke sind Zimmerleute, Steilmacher und Dachdecker anzunehmen.
Der erste handwerkliche Zusammenschluss
In Köln war das Handwerk ab Mitte des 12. Jahrhunderts in Zünften organisiert. Auf dem Land, so auch in Porz, war das Handwerk noch nicht entsprechend ausgebildet. Hier gab es nur einen einzigen Zusammenschluss ländlicher Handwerker: Der Herzog von Berg hatte im 15.Jahrhundert den Brüdern und Meistern des Messerschleifamtes die Freiheit verliehen, Messer und andere Waffen“ zu schleifen. Gegen Ende des Mittelalters versuchten die Städte durchzusetzen, dass das Handwerk nur innerhalb der Stadt ausgeübt werden durfte. Dass sich die Porzer Handwerker darüber hinwegsetzten und ihrer Tätigkeit weiterhin nachgingen, zeigen Klagen von Kölnern, die sich über das Handwerk in den nächstgelegenen Dörfern beschwerten.
Das Handwerksangebot wird breiter gefächert: 17. bis 19. Jahrhundert
Anhand von Bevölkerungslisten und Kirchenbüchern aus dem 17. und 18.Jahrhundert lässt sich teilweise nachvollziehen, welche Handwerke in Porz ausgeübt wurden. Diese Dokumente enthalten Familiennamen und Berufsbezeichnungen, die auf das Vorhandensein verschiedener Handwerke hindeuten: Man findet Handwerke wie Schmied, Nagelschmied, Fischer Maurer, Zimmerleute, Schreiner und Bäcker. Im 19.iahrhundert ist das Handwerksangebot schon recht weit gefächert. In Porz ist vom Böttcher über Drechsler, Fleischer, Sattler und Schlosser bis hin zu Uhrmacher und Zimmerer vieles vertreten. Als neues Handwerk kam im 19.Jahrhundert in Porz auch das Brauen hinzu. Eine gewisse Anhäufung von Brauereien, Brennereien, Mühlen und Ziegeleien im Raum Porz deuten darauf hin, dass diese Handwerke nicht nur für den Bedarf vor Ort ausgeübt wurden. Eil galt noch bis ins 20.Jahrhundert als „Besenbinderdorf“. Eine besondere Bedeutung als Gewerbeort besaß Niederzündorf, dessen Rheinhafen von Schiffern häufig als Alternative zu Köln angefahren wurde: Köln besaß von der Mitte des 13.Jahrhunderts bis 1831 das so genannte Stapelrecht.
Dies bedeutete, dass Schiffer, die in Köln aufgrund der sich verändernden Wassertiefe gezwungen waren, ihre Waren umzuladen, diese vor der Weiterfahrt erst für drei Tage auf dem Markt zu Köln feilbieten mussten, In Zündorf waren die Berufe des Schiffers und Fischers häufig, im 18. und 19.Jahrhundert gab es hier Glas- und Fenstermacher, einen Glasbläser, Kattundrucker und Blaufärber.
Gewerbefreiheit unter Napoleon
Das Ende des 18. und der Beginn des 19.Jahrhunderts standen im Rheinland unter dem Einfluss Napoleons. In dieser Zeit führten die Franzosen in Köln und im Großherzogtum Berg die Gewerbefreiheit ein, die dann auch wieder ab 1869 im Norddeutschen Bund galt. Das Landhandwerk hatte sich allerdings schon vorher den strengen Zunftvorschriften, die in den Städten galten, entzogen. Es war entweder mit der Landwirtschaft verbunden oder sehr standortgebunden. Die Gewerbefreiheit war vor allem für Köln eine Erleichterung. Das Handwerk verlor hier seine straffe Organisation in Zünften oder Innungen. Kölner Handwerker gründeten 1876 den „Verein der selbständigen Fabrikanten und Handwerksmeister des Stadt- und Landkreises Köln“. 1900 bildeten einige der über 20 bestehenden Kölner Innungen die Handwerkskammer Köln.
Porzer Handwerk im Zeitalter der Industrialisierung
Im 19. und 20.iahrhundert wurde der Raum Porz verkehrsmäßig erschlossen—die entscheidende Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung der Region. Bahnhöfe in Wahn und zwischen Porz und Urbach förderten die Industrieansiedlung. Mit der Industrialisierung nahm auch die Bevölkerung zu; das örtliche Handwerk erfuhr ebenfalls einen Aufschwung. Es entstanden neue Handwerkszweige als Folge neuer technischer Möglichkeiten sowie der neuen Wasser- und Energieversorgung: Anfang des 20. Jahrhunderts wurden im Porzer Gebiet Anlagen und Leitungen für die Belieferung mit Gas, Wasser und Strom geschaffen.
Gründung des Vereins "Selbständiger Handwerker in Porz und Umgebung"
Am 20. Januar 1907 fand in der Restauration Winzen, der heutigen Stadtschenke auf der Bahnhofstraße, eine Handwerkerversammlung statt. 30 selbstständige Handwerker diskutierten an diesem Tag über, Ziel und Zweck eines hier zu gründenden Handwerker-Vereins“. 25 der anwesenden Herren traten an diesem Tag dem Verein „Selbständiger Handwerker in Porz und Umgebung“ bei und wählten sogleich einen provisorischen Vorstand. Zur 2.Versammlung im Februar 1907 fand sich auch Obermeister Figge aus Köln ein, der die Vereinsgründung als erstes Mittel zur Hebung des Handwerkerstandes bezeichnete.
Im April desselben Jahres fand die erste ordentliche Versammlung der selbstständigen Handwerker in Porz statt. Man verlas die Statuten des Vereins, die in der Versammlung genehmigt wurden: „Der Zweck des Vereins ist die Verbesserung der Lage des Handwerkerstandes und die Förderung der gemeinsamen, gewerblichen Interessen.“ Die Aufnahmegebühr betrug damals 3 Mark, der Monatsbeitrag 50 Pfennige. Jeden 1. Montag des Monats sollten Versammlungen abgehalten werden. Da bei der darauf folgenden Versammlung nur sechs Mitglieder erschienen, lud man zum 13. Mai erneut ein und wählte an diesem Tag einen ordentlichen Vorstand. Der „provisorische“ 1. Vorsitzende, der Maler Peter Ciasen, wurde in seinem Amt bestätigt.
Erste Vereinserfolge und Unternehmungen
Die Pflege der Gemeinschaft sowie Vorträge standen auf der Tagesordnung des Vereins. Schließlich erachtete der Verein laut Paragraf 1 seiner Statuten, es als seine Aufgabe "den genossenschaftlichen Geist durch gemeinsame Beratungen und gegenseitige Mitteilungen über die auf dem Gebiete des Handwerks und des Gewerbes gemachten Erfahrungen zu pflegen und lebendig zu erhalten ...".
Besonders in der Anfangszeit traf man sich außerdem gerne zu Familienabenden. Die Gründung einer Fortbildungsschule war das erste Ziel der Gemeinschaft, das zwei Jahre nach Vereinsgründung erreicht wurde: Im Januar 1909 wurde die neue Fortbildungsschule eröffnet. Laut Ortssatzung vom 23. Mai 1908 waren alle „in Betracht kommenden gewerblichen Arbeiter, welche bis zum 1. Oktober 1908 das 17. Lebensjahr noch nicht“ vollendet hatten, schulpflichtig.
Was der Porzer Handwerkerverein im 1. Weltkrieg bewirkte, ist nicht bekannt. Auch über die Nachkriegszeit weiß man nicht viel mehr, als dass 1924 eine Generalversammlung einberufen wurde, an der 14 Mitglieder teilnahmen. Das Handwerk erlebte in den 2üeriahren auch in Porz eine Zeit großer Not, verursacht durch die Auswirkungen des Krieges, die hohen Reparationszahlungen und die Weltwirtschaftskrise. Ungeachtet der schwierigen Bedingungen gehörten zu den Unternehmungen des Porzer Handwerkervereins Ausflüge, und zwar vornehmlich Herrentouren. 1932 hatte der Verein 61 Mitglieder.
Der Verein unter Hitler und der NSDAP
Hitlers Machtergreifung blieb auch auf den Porzer Handwerkerverein nicht ohne Auswirkung. Am 3. Mai 1933 ging es in der Generalversammlung um das weitere Bestehen des Vereins. Die nationalsozialistische Gleichschaltung sollte sich nach dem Willen der NSDAP auch auf den Verein erstrecken, was bedeutete, dass der Vorstand sich überwiegend aus Mitgliedern der NSDAP zusammensetzen sollte. Man sprach sich dennoch für den Fortbestand des Vereins aus, wählte einen Vorstand, der von der NSDAP abgelehnt wurde, und dann einen neuen, der wohl akzeptiert war. Dass der Krieg bereits Thema wurde, zeigen unter anderem die Vorträge bei den Vereinsversammlungen. Während im März 1933 noch über Steuerfragen berichtet wurde, referierte man im Dezember desselben Jahres schon über Luftschutz.
In den 30er Jahren wurden Handwerkerkarten ausgestellt, die ihre Inhaber als rechtmäßige Gewerbetreibende mit ordentlicher Berufsausbildung auswiesen. Dies sollte einen gewissen Qualitätsstandard im Handwerk fördern. Um ein Anrecht auf eine Handwerkerkarte zu erwerben, meldeten sich 1933 viele Anwärter auf eine Mitgliedschaft im Porzer Handwerkerverein. Am 9. November wurden in einer Vereinsversammlung 24 neue Mitglieder aufgenommen. Die 30er Jahre brachten dem Handwerk neue organisatorische Bestimmungen: Die Anmeldung eines Handwerksbetriebs setzte nun die Meisterprüfung voraus, der Aufbau und die Einrichtung von Innungen wurde geregelt und das Aufgabengebiet der Kreishandwerkerschaft umgrenzt. Das Handwerk in Porz erlebte zwischen 1933 und 1937 einen Aufschwung. Im Verwaltungsbericht der Gemeinde Porz aus diesen Jahren wird festgestellt, dass die Handwerker wieder voll beschäftigt sind".
Die Zeit während und nach dem 2.Weltkrieg ist für das Porzer Handwerk nicht dokumentiert. Es ist aber davon auszugehen, dass es den Handwerkern hier nicht besser erging, als allgemein der Bevölkerung im Reichsgebiet.
Nachkriegszeit und 50er Jahre
1951 gab es in der Stadt Porz 425 Handwerksbetriebe, in denen fast 1.300 Personen beschäftigt waren. Der Verein zählte in diesem Jahr 103 Mitglieder. Als es nach dem Krieg, nach der Währungsreform von 1948 und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wirtschaftlich wieder aufwärts ging, kam dies auch dem Verein zugute. Im August 1952 konnten Interessierte eine Woche lang eine "Leistungsschau selbständiger Handwerks-Betriebe der Stadt Porz" in der Berufsschule Porz besuchen. Hier präsentierten 60 Handwerker 500 Ausstellungsstücke - für die Porzer Handwerker das erste große Ereignis der Nachkriegszeit. Ab 1953 nannte der Verein sich "Verein Selbständiger Handwerksmeister der Stadt Porz". 1957 feierte er sein 50jähriges Bestehen. Zwischen 1951 und 1969 verringerte sich die Zahl der Handwerksbetriebe der Stadt Porz von 425 auf 399. Allerdings wurden die Betriebe selbst im Laufe der Zeit größer. Aus kleineren Handwerksbetrieben wurden größere Firmen und Fabriken. Mit Köln bestand zu dieser Zeit eine gute Nachbarschaft: Als einziger Verein aus dem Bereich der Handwerkskammer Köln schenkten die Porzer Handwerker eine Glocke für das Glockenspiel im Kölner Rathausturm.
Porz wird nach Köln eingemeindet
1974 zeichnete sich ab, dass Porz nach Köln eingemeindet werden sollte. Der Verein war zu dieser Zeit nicht besonders aktiv, und die Porzer Handwerker waren besorgt um ihre Zukunft in einem Stadtteil Kölns. Am 14. Mai 1974 fand eine Versammlung statt, die darauf angelegt war; den Fortbestand des Vereins zu sichern. Die 19 anwesenden Mitglieder wählten einen neuen Vorstand. Im Oktober desselben Jahres feierte man schon wieder zusammen — den ersten Herbstball, dem noch viele folgen sollten. Bei der Generalversammlung im März 1975 beschloss man die noch heute gültige Satzung einstimmig.
1975 wurde die ehemalige selbstständige Stadt Porz nach Köln eingemeindet—trotz vielfältiger Proteste aus Hand werk, Handel und Bürgerschaft. Der Vereinsvorstand sah sich vor die Aufgabe gestellt, mit der „neuen Stadtverwaltung“ zu erreichen, dass Porzer Handwerksmeister bei der Vergabe Von öffentlichen Aufträgen beteiligt werden. Dieses Ziel wurde nach anfänglichen Schwierigkeiten auch erreicht.
Der Verein wurde immer dann aktiv, wenn es um den Wettbewerb der Porzer Handwerker mit Firmen ging, die nicht in Porz ansässig waren. Zum Tragen kam die Verständigung des Vereins mit der Stadt Porz bei Arbeiten im Demonstrativbaugebiet, beim Bau des Porzer Krankenhauses sowie bei Fragen der Gestaltung der Porzer Innenstadt.
Die Entwicklung des Porzer Handwerkervereins bis heute
1977 veranstaltete der Verein seinen ersten Neujahrsempfang - ein weiteres Ereignis, das sich gesellschaftlich etabliert hat. Am 14. Mai 1977 feierte der Verein sein 70jähriges Bestehen, das 80. Jubiläum wurde am 17. Mai 1987 mit Festkommers und Tanzveranstaltung gebührend begangen.
Auch heute noch, nach 100 Jahren gemeinsamer Geschichte, pflegt der Verein die Tradition des Handwerks, das Standesbewusstsein und die Geselligkeit. Im Zeitalter der Technik und Dienstleistung kam in den letzten Jahren noch ein Internetauftritt hinzu - ein Mittel, den Verein und seine Mitglieder nach außen zu präsentieren. Als repräsentatives Branchenportrait soll er den Bürgern und Kunden die Vielfalt der in Porz befindlichen Handwerksrichtungen sowie deren Produkte und Dienstleistungsangebote nahe bringen.
Der Verein zählt heute 112 aktive und 26 inaktive Mitglieder und 20 Fördermitglieder.